Mai 2000: Karmapa erhält die Übertragung zweier zentraler Sammlungen der Karma-Kagyü-Linie in Dhagpo Kundreul Ling

28 Apr. 2025

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Im Mai 2000 erhielt Thaye Dorje, Seine Heiligkeit der 17. Gyalwa Karmapa, der sich seit Februar in Dhagpo Kundreul Ling in einem Retreat befand, die Übertragung von zwei zentralen Sammlungen der Karma-Kagyü-Linie. Das waren der Chakchen Gyazhung, eine Sammlung indischer Mahamudra-Texte, zusammengestellt vom 7. Karmapa, und die Sammlung von Ermächtigungen mit dem Titel Chik Shé Kün Dröl (Eine kennen um Alle zu befreien), zusammengestellt vom 9. Karmapa (siehe unten).

Diese Übertragungen gab ihm Seine Heiligkeit, der 14. Künzig Shamarpa, Mipham Chökyi Lodrö (1952-2014). Dieser war für die Ausbildung des jungen Karmapa verantwortlich, so wie der 16. Karmapa für dessen Ausbildung verantwortlich gewesen war.

Diese ununterbrochene Kontinuität der Übertragung von Methoden, die zur Befreiung vom Leiden und zur Erleuchtung führen, wird in reiner Form vom sogenannten Goldenen Rosenkranz der Karma-Kagyü-Linie festgehalten.

Diese Fotos stammen aus unseren Archiven oder wurden im Rahmen der Recherchen zum 50-jährigen Jubiläum von Dhagpo Kagyu Ling gesammelt. Wir konnten nicht alle Urheber identifizieren. Die Nutzung der Fotos dient ausschließlich Informationszwecken im Kontext der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum von Dhagpo Kagyu Ling. Ihre Verwendung ist auf diesen Anlass und unsere Website beschränkt und erfolgt nicht zu kommerziellen Zwecken.

Veranstaltung

Der Geburtstag des 17. Karmapa sowie die Übertragungen, die er von Künzig Shamar Rinpoche in Kundreul Ling erhalten hat, werden mit einem Praxistag in Dhagpo Kagyu Ling und Dhagpo Kundreul Ling gefeiert.

Ein Teil dieser Veranstaltung wird nur vor Ort stattfinden, ein anderer Teil wird vor Ort und online angeboten.

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Die indischen Texte des Mahāmudrā des wahren Sinnes, oder Chakchen gyazhung

Die umfangreiche Sammlung mit dem Titel Die indischen Texte des Mahāmudrā des wahren Sinnes (Nges don phyag rgya chen po’i rgya gzhung), die vom 7. Karmapa Chödrak Gyamtso (1454-1506) zusammengestellt wurde, enthalten die tibetische Übersetzung der Belehrungen und Gesänge, die von den indischen buddhistischen Meistern verfasst wurden und  Ursprung und  Quelle der Inspiration für die Kagyü-Linie darstellen. Diese Sammlung gibt einen Einblick in den immensen Reichtum der indischen Texte des Mahāmudrā.
In ihrer Holzschnitt-Ausgabe, die im Karma-Kagyü-Kloster Palpung in Osttibet gedruckt wurde, füllte die Sammlung drei stattliche Bände, ebenso wie bei ihrer Neuauflage unter der Leitung des 14. Shamar Rinpoche in Delhi im Jahr 1997.  Ihre moderne Ausgabe in Buchform (2009) besteht aus sechs Bänden mit insgesamt 2600 Seiten in tibetischer Sprache. Die Sammlung wird derzeit von Karl Brunnhölzl und der Wisdom Edition ins Englische übersetzt, wobei vier der sechs Bände bereits erschienen sind (Sounds of Innate Freedom, Wisdom Publications, 2023).

Die überwiegende Mehrheit der 217 in dieser Anthologie enthaltenen Werke stammt aus dem Tengyur, der aus mehr als 200 Bänden bestehenden Sammlung von Abhandlungen indischer Meistergelehrter und Realisierter, die ins Tibetischen übersetzt wurden (im Gegensatz zum Kangyur, der in 100 Bänden die Übersetzungen aller Sutras bzw. der von Buddha Shakyamuni stammenden Belehrungen beinhaltet).

Die Länge dieser indischen Mahāmudrā-Texte variiert von einem einzigen Satz bis zu fast 200 Seiten. Diese Werke lassen sich in sieben Kategorien einteilen:

  1. Anāvilatantra, eine dem Buddha zugeschriebene tantrische Lehre, die als Hauptquelle des Mahāmudrā gilt, mit seinem Kommentar
  2. Gesänge der Verwirklichung (dohā, caryāgīti und vajragīti), die von indischen Meistern zu verschiedenen Anlässen (wie z.B. bei gaṇachakras, d.h. tantrischen Festmahlen oder auch bei einschneidenden spirituellen Erfahrungen) angestimmt wurden
  3. Kommentare zu diesen Gesängen der Verwirklichung und zu anderen Texten
  4. eigenständige tantrische Abhandlungen
  5. nicht-tantrische Abhandlungen
  6. inspirierenden Erzählungen
  7. Doxographien (Texte, die die verschiedenen buddhistischen und nicht-buddhistischen Denksysteme vorstellen)

Die meisten Autoren dieser Werke sind bekannte Persönlichkeiten unter den 84 Mahāsiddhas, Männer und Frauen, die in ihrer Praxis der buddhistischen Tantras hochgradig versiert sind. Die Tatsache, dass eine große Anzahl von Texten Maitrīpa und Saraha zugeschrieben werden, unterstreicht, dass diese beiden Meister als die wichtigsten Quellen des Mahāmudrā in der Kagyü-Schule angesehen werden.

Im Gegensatz zu anderen Sammlungen wie der Sammlung aller Sadhanas (Druptab küntü) oder Eine kennen, um alle zu befreien (Chikshé kündröl) besteht diese Sammlung nicht aus Einweihungen, sondern aus Texten, deren Weitergabe durch rituelles Lesen (lung) oder Erklären (tri) erfolgt.

Eine kennen, um alle zu befreien (Chikshé kündröl)

Die Ermächtigung oder Einweihung (im Folgenden Ermâchtigung genannt) ist ein sehr wichtiges Ritual im tibetischen Buddhismus. Indem  Praktizierende eine Ermächtigung erhalten, treten sie durch die Tür, die es ihnen ermöglicht, sich auf die Praxis der buddhistischen Tantras, das Vajrayāna, einzulassen. Es gibt zwei Formen von Einweihungen, die „Ermächtigungsübertragungen“ (Wang oder Abhisheka) und die „Ermächtigungen zur Praxis“ (Jenang).  Erstere gehören zur Klasse der Tantras des Unübertrefflichen Yoga (Niruttaratantra) und sind mit Tantras wie Hevajra, Chakrasaṃvara oder Kalachakra verbunden. Mit dem Erhalt eines Wangs betreten Praktizierende das Mandala eines bestimmten Yidams und dürfen sich in die Praxis der Entstehungs- (Kyerim) und Vollendungsphasen (Dzogrim) dieses Yidams einbringen. Diese Art der Ermächtigung wird auch als „große Ermächtigung“ bezeichnet, um darauf hinzuweisen, dass sie die vier Ermächtigungsphasen (der Vase, der Geheimen, der Weisheit und des Wortes) enthält und mit den vierzehn Wurzel-Samayas und zahlreichen Folgeverpflichtungen verbunden ist. Die „Praxis- Ermächtigungen berechtigen Praktizierende dazu, sich während der Meditation in Form eines bestimmten Yidams zu visualisieren. Sie stehen mit der ersten Stufe der Ermächtigung, der Vasenermächtigung, in Verbindung und ermöglichen die Entstehungsphase (Kyerim).

Die Sammlung Eine kennen, um alle zu befreien (gCig shes kun grol) ist eine Sammlung, die zahlreiche Ermächtigungen zur Meditation über verschiedene friedvolle und zornvolle Yidams enthält. Die Sammlung wurde vom 9. Karmapa Wangchuk Dorje (1556-1603) zusammengestellt und basiert auf den Traditionen früherer Karmapas, insbesondere des 6. Karmapa Tongwa Dönden und des 8. Mikyö Dorje, sowie auf früheren Sammlungen. Sie vereint die Ermächtigungs- und Praxisrituale von 23 friedvollen Gottheiten wie Weiße Tārā, Grüne Tārā, Weißer Umbra (Dukkar), Mañjuśrī auf einem Löwen, Maitreya, etc, und von etwa zwanzig zornvollen Gottheiten wie Vajrapāṇi, Hayagrīva, Yamāntaka rot und schwarz, usw., sowie zusätzlich etwa zehn weitere wie Jambhala gelb, schwarz und weiß, Sangyé Menla, Śākyamuni, usw.

Das Besondere an dieser Sammlung ist, dass der 9. Karmapa ein gemeinsames Format für Ermächtigungen festgelegt hat, mit drei Möglichkeiten für ein extensives, mittleres und sehr kurzes Ritual. Dieses Format wird dann für jede der Gottheiten dekliniert, die in einem spezifischen Sādhana beschrieben wird, dessen Abstammung und Geschichte spezifiziert wird und dessen Aussehen, Mantra, Keimsilben usw. beschrieben werden. Diese Besonderheit der Sammlung erklärt ihren Titel „Eine Praxisermächtigung kennen, um sie alle zu befreien [oder: weiterzugeben]“ (rjes gnang gcig shes kun grol), auch wenn die poetischere Bedeutung, dass das Wissen um eine wesentliche Sache alle Verdunkelungen befreit, wahrscheinlich ebenfalls mitschwingt.

Der sehr praktische Charakter dieser Sammlung hat sie in der Karma-Kagyü-Linie sehr beliebt gemacht, und sie wird daher oft verwendet, um Schüler zu autorisieren, die verschiedenen in der Sammlung enthaltenen Yidams zu praktizieren.

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